1972 – Joni Mitchell bis Ronee Blakley- Laurel Canyon, Cosmic American Music, die komisch riecht und Asylum Records

Die Warnung wurde in den vorherigen Artikeln über den Laurel Canyon ausgesprochen: Die countryfizierte Hippie-Musik in den Kreisen der Laurel Canyon Anwohner tendiert zum seichten, eskapistischen vielleicht sogar beliebigen Schlock – oder sie wird durch die immer härteren Drogen – insbesondere durch Kokain, das inzwischen in Massen zirkuliert – immer ungenießbarer.

Die Country und Folk-Wurzeln der typischsten Vertreter dieser Szene verlieren durch die Überdüngung mit Drogen und Geld bald ihre Kraft. Aber so mancher Künstler hat auch guten Dünger im Beutel: Joni Mitchell etwa findet im Jazz und in ihrer Selbstfindung Kraft für ihre Musik – zumal sie eine Songwriterin ohne Schwächen ist. Auch der jetzt erstmals mit eigenem Album auftretende Jackson Browne hat so zeitlose Songs – und ein paar so gute Musiker an seiner Seite – dass er lange sein Niveau halten kann. Das Talent-Sammelbecken der Szene hingegen – die Eagles – feiern die Dekadenz. Ihre Parties, Sessions und Tourneen sind Orgien. Aber sie sind mit so vielen Songschreibern gesegnet, dass sie es bis knapp vor die 80er schaffen und mit Hotel California ’76 die Quintessenz des Laurel Canyon in Albumform gießen. Auch sie machen ’72 ihr erstes Album, so wie mancher Musiker jetzt die Chance auf ein Album bekommt und zuerst einmal was Tolles zustande bringt. Einer der Katalysatoren dafür (und oft Manager dieser Musiker) ist David Geffen, der jetzt mit Asylum Records ein Label extra für diese Szene gründet. Aber J.D. Souther zum Beispiel wird sein Debüt künstlerisch nicht mehr übertreffen und warum das Meistewerk des Ex Greenwich Village Folkies David Blue nicht zu mehr Bekanntheit und einer erfolgreichen Karriere führt? Ich weiss es nicht, am genauso guten Nachfolger von Stories liegt es nicht. LC Ikone Stephen Stills verschießt sein letztes Pulver im Talent-Sammelbecken Manassas, Carly Simon, Jennifer Warnes, Linda Ronstad haben tolle Stimmen und schöne Songs, machen aber bald die Musik, vor der ich oben gewarnt habe und Ronee Blakley geht bald zum Film . Dies hier soll der letzte Artikel sein, der explizit das Thema Laurel Canyon im Titel führt. Es sind freilich nicht die letzten gelungenen Alben aus dem Canyon – so wie die Alben aus dem Artikel 1970 – Joni Mitchell bis Beach Boys nicht die ersten waren. 1972 ist die Anzahl dieser Alben, die mehr oder weniger zusammenhängen und -passen groß genug für ein eigenes Kapitel. Also, hören und dann weiter forschen – nach dem ’74er Album von Judee Sill, den Alben der Eagles (zumindest Desperado und Hotel California) Jackson Brownes vier auf das Debüt folgenden Alben, Joni Mitchell’s 70er Alben oder all den tollen Platten, die in der Peripherie der Szene mit all den enorm talentierten Musikern in den 70ern entstanden sind.

https://music.apple.com/de/playlist/der-gro%C3%9Fe-rockhaus-1972-laurel-canyon/pl.u-8aAVXpbio1eBM48

Jackson Browne
s/t (Saturate Before Using)

(Asylum, 1972)

Art Direction – Gary Burden. Die Anweisung Saturate Befor Using war nicht als Titel gedacht

Eines der wichtigsten Labels der LC-Szene war ab Ende ’71 David Geffen’s Asylum Records. Das erste Album, das dort veröffentlicht wurde, war im Vorjahr das großartige Debüt von Judee Sill. Aber eigentlich wollte Geffen Jackson Browne ein Album ermöglichen und so… (siehe weiter unten). Dieser war inzwischen 24, hatte als Songwriter in den letzten Jahren schon mehr Reputation als so mancher Veteran gesammelt: Er hatte noch Mitte der Sechziger bei der Nitty Gritty Dirt Band mitgemacht und Songs geschrieben, war in New York bei Tim Buckley’s Band gewesen, hatte durch diesen Nico (ja, die von The Velvet Underground) kennengelernt, war mit ihr zusammen und machte auf ihrem Debüt Chelsea Girl mit, für das er auch drei Songs geschrieben hatte. Dann war er nach LA gezogen, datete dort Joni Mitchell, die einen Suizid versuchte, als er sie verließ… er war einfach ein sehr hübscher Junge mit enormem Talent. Und er war ein Perfektionist. So brauchte es bis ’72, bis er sein erstes eigenes Album veröffentlichte. Jackson Browne ist in Allem ein ausgereiftes Werk. Brownes Stimme ist sehr charakteristisch und angenehm. Seine Songs sind melodisch fein gewoben, irgendwo zwischen Folk, Country, Pop und Rock – eigentlich das Urbild dessen, was man Singer/Songwriter Stoff nennt. Schon auf diesem Debüt gibt es vier Songs für die Ewigkeit: „Jamaica Say You Will“, „Doctor My Eyes“, „Rock Me on the Water“ und „My Opening Farewell“ haben eine Melodik und Wärme, die man bis da nicht gekannt hatte. Der akustisch eingespielte „Song for Adam“ ist einer der traurigsten Tracks, die ich kenne – und Browne klingt, als würde er all das nur für dich singen. Es ist unnötig zu erwähnen – die Musiker sind auch auf diesem Album erlesen: Pete Kleinow spielt die Steel Gitarre, Albert Lee Gitarre, Leland Sklar den Bass etc pp… Und dass auch die unbekannteren Tracks manchem anderen Musiker eine Karriere garantiert hätten, ist eine Phrase, die hier aber wahr ist. Mit diesem Album war Jackson Browne mit einem Knall auf dem Plattenmarkt. In der LC-Szene war er sowieso schon längst anerkannt. Glenn Frey von den Eagles schrieb mit ihm deren ersten Hit „Take It Easy“, seine Songs wurden allein in diesem Jahr von den Eagles, Jennifer Warnes und Linda Ronstad gecovert (siehe weiter unten) und er selber machte hintereinander vier weitere hochklassige Alben, ehe er sich ab dem Beginn der 80er eher als politischer Aktivist betätigte und u.a. die Anti-Atomkraft Organisation No Nukes mit-begründete. Der ist einer von den Guten. Und sein Debüt zeigt die tolle Seite des Laurel Canyon.

Joni Mitchell
For The Roses

(Asylum, 1972)

Design – Anthony Hudson – siehe auch
J.D. Souther oder David Blue.

Joni Mitchell wiederum war dem Status „Riesen Talent“ inzwischen entwachsen. Ihr vorheriges Album Blue hatte stilistisch, künstlerisch und kommerziell Grenzen überschritten, ihre bekenntnishaften Lyrics, die folk-jazzigen, zugleich regelrecht hit-tauglichen Kompositionen, ihre coole Stimme, ihr innovatives Gitarrenspiel – all das hatte sie in einer Zeit, in der Frauen es im Musik-Business sehr schwer hatten, zu einer maximal autarken Künstleriin gemacht. David Geffen schwärmte für sie (und war eine Zeit lang auch mit ihr zusammen) und war froh, sie auf seinem Label zu haben und den Blue-Nachfolger For the Roses veröffentlichen zu dürfen. Mitchell war ’71, als sie die Songs schrieb, mit dem heroin-süchtigen James Taylor zusammen – eine vermutlich komplizierte Beziehung, da Taylor gerade mit seinem Album Mud Slide Slim… (siehe LC-Artikel ’71) großen Erfolg hatte, und sie noch im selben Jahr für Carly Simon (siehe weiter unten) verließ… Das wiederum sind ideale Bedingungen für weitere Lyrics, die um die tiefsten eigenen Gefühle kreisen – das mithin, was viele Musiker aus dem LC so besonders gerne taten. Man höre unter diesem Aspekt einfach mal den Titelsong des Albums. Joni Mitchell’s Offenheit ist mitunter schmerzhaft. Sie sehnte sich nach mehr Freiheit, nach einem einfacheren Leben, mehr Normalität, fühlte sich vielleicht auch von ihrem (und James Taylor’s) Erfolg überrollt, war eindeutig auf der Suche. Aber musikalisch machte sie wieder so vieles richtig, dass For the Roses vom Library of Congress unter die 25 kulturell wichtgsten Alben des Jahres gewählt wurde. Ein bisschen seltsam, dass weder Blue noch der Nachfolger Court and Spark da genommen wurden. Beide gelten nicht zu Unrecht als die besseren Alben. Das ganze Album vertieft die Hinwendung zum Jazz, ist aber immer noch voller Schönheit, die auch ohne theoretisches Musikwissen nachvollziehbar bleibt – aber es ist – im Nachhinein sieht man es besser – ein Werk des Überganges. Zumal eines, das Mitchell’s innere Unruhe widerspiegelt. Klar, ein Song wie „You Turn Me On, I’m a Radio“ ist fantastisch – und die Tatsache, dass sie den Titel schrieb, weil sie einen „Hit“ haben sollte, macht ihn sogar ein bisschen lustig. For the Roses ist nicht ihr bestes Album. Aber jede/r andere Musiker/in wäre froh über etwas nur annähernd so beeindruckendes.

Eagles
s/t

(Asylum, 1972)

Art Direction – wieder Gary Burden. Cover nur echt als 4x so großes Ausklapp-Bild

Hier sind sie: Die Jungs, denen man nachsagt, sie hätten den LC-Sound in den Sand des Kommerzes und der Erwachsenen-Unterhaltung gesetzt. Aber sie werden dafür einige Jahre brauchen – und selbst das Album, dem man das vorwerfen kann, hat einen dekadenten Reiz. (The Long Run von ’79 – Yacht Rock in Perfektion…) Noch sind die Eagles ein Sammelbecken der Talente, sind mit Glenn Frey (g, voc. siehe J.D. Souther), Bernie Leadon (Ex-Flying Burrito Brothers), Randy Meisner (b, voc Ex Stone Canyon Band) und dem texanischen Kontroll-Freak Don Henley (dr, g, voc.) auf allen Positionen besetzt, haben vier gleichwerttige tolle Stimmen deren Harmonie-Gesang Steine erweicht – und sind allesamt versierte Songwriter, die im Jahr zuvor als Backing Band für Linda Ronstad zusammengefunden haben. Bei Eagles und beim Nachfolger Desperado wirkt das in etwa so, als würden sich Crosby. Stills, Nash & Young verstehen. Dass sie auf ihrem Debüt zweimal Jackson Browne covern – und mit dessen „Take It Esay“ eine beeindruckende Reihe von Single-Hits einleiten – versteht, wer sich dessen Bedeutung vor Augen hält und sich diesen Song anhört. Perfekter Country-Schmelz, wunderschöner Satzgesang, Alles, was die Country-Seite des Laurel Canyon-Sounds so schön macht. Dass auf diesem ersten Album auch ein-zwei weniger gelungene Tracks sind, ist verzeihlich. Die ersten Beatles-Alben hatten auch ein paar Filler. Aber „Witchy Woman“ oder das von Bernie Leadon mit Gene Clark geschriebene „Train Leaves Here This Morning“ und „Peaceful Easy Feeling“ sind auf demselben Niveau wie „Take it Esay“. Cosmic American Music aus der Großstadt. Dass dieses Album – wie alle weiteren Eagles-Alben – hervorragend produziert und musiziert ist, soll noch erwähnt werden. Ach ja. Auch Greg Gaffin von den California Punks Bad Religion feiert dieses Album und die Eagles insgesamt. Das sollte Zweiflern zu denken geben, oder?

John David Souther
s/t

(Asylum, 1972)

Design – auch wieder Anthony Hudson – Übrigens Vater von Slash, dem Guns’n’Roses Gitarristen…

Da ist der nächste schöne, talentierte Laurel Canyon-Songwriter, der ’72 sein erstes Solo-Album für Asylum Records macht: John David Souther war seit dem Ende der Sechziger in LA. Er hatte ’69 mit dem jetzt bei den Eagles gelandeten Glenn Frey unter dem Namen Longbranch/Pennywhistle ein Soft-Rock/Country Album gemacht, das die Musik der Eagles in etwa vorwegnahm – nur nicht ganz so toll war. Er war (wie man sieht) ein hübscher Kerl, der etliche Herzen brach (u.a. das von Judee Sill, deren „Jesus Was A Crossmaker“ sich ausdrücklich auf ihn bezog) – und als Songwriter hatte er seinem Talent in den letzten Jahren den letzten Schliff verpasst. Das erste eigene Album ist schon dort, wohin die Eagles in 1-2 Jahren gelangen würden. Songwriting zwischen Folk, Country und softem Rock. Anstrengungslos, ein bisschen melancholisch – aber mit tollen Songs. J.D. Souther hat eine schöne Stimme, die perfekt zu den Eagles gepasst hätte, und seine Songs… nun, er hat etliche Tracks auf deren kommenden Alben geschrieben – und auf John David Souther spielt der alte Kumpan Glenn Frey auf drei Tracks Gitarre. Dass der Multi-Instrumentalist Leute aus der LC-Studio Elite als Begleiter dazu holt, wo er Hilfe braucht, versteht sich. Dieses Album steht auf einer Stufe mit Desperado, meinem Favoriten von den Eagles. Songs wie „Some People Call It Music“ und „Out to Sea“ wären dort nicht fehl am Platz gewesen. Und Souther’s Stimme ist wirklich toll. Schade, dass er nicht mehr Interessantes zusammen brachte. Er gründete mit zwei weiteren Helden aus dem LC die Souther – Hillmann – Furay Band, deren beide Alben von den Eagles weit abgehängt werden und hatte immerhin mit der Roy Orbison Pastiche „You’re Only Lonely“ einen großen Hit. Dass Orbison sein großes Vorbild war, hört man schon hier – und ich finde das sympathisch.

David Blue
Stories

(Asylum, 1972)

Cover-Bild – Wieder Anthony Hudson.
Der war übrigens Brite…

Ich jammere schon in der Einleitung: David Blue’s Stories ist ein so tolles wie unbekanntes bzw. zu Unrecht vergessenes Laurel Canyon Meiterwerk. Zwar kann man mit tollen Musikern einiges falsch machen, aber hier spielen LC-Könner wie Ry Cooder, Chris Ethridge (b), Ralph Schuckett (org), John Barbata (dr) oder Rita Coolidge (b-voc) beseelte Songs eines erfahrenen Songschmiedes, der ’72 auf eine Karriere zurückblickt, die ihm vielleicht im Wege steht. Er wurde als nächster Dylan gehandelt, machte ’66 mit seinem Debüt ein Album, das sogar aussah wie Blonde on Blonde, sich aber natürlich nicht mit Dylan’s Fanal messen konnte. Dann schwächelte er zwei Alben lang und kam jetzt, nachdem er nach LA umgezogen war, beim Label seiner Freunde Joni Mitchell und Jackson Browne unter. Klar, dass die Vergleiche mit Dylan auch jetzt wieder gezogen wurden, aber seine Stimme war tiefer, lässt eher an einen melodischen Leonard Cohen denken. Und auch seine Songs und Texte erinnern eher an Townes Van Zandt oder Cohen als an Dylan’s Ergüsse. Cohen’s „So Long, Marianne“ wird sogar ausdrücklich zitiert, denn Blue war auch mit dessen Muse Marianne Ihlen zusammen: „I know her from another song/Her older poet wrote before/We played it in the morning laughing on the floor/Till he came knocking on the Lower East Side door”. Logisch, dass er Folk-Anteil bei Stories größer ist, als bei Browne oder den Eagles. Das wird schon beim Opener „Looking for a Friend“ deutlich, wenn er im 3/4tel Takt die Unfähigkeit betrachtet, den Mitmenschen wirklich nahe zu kommen. Die erste Seite des Album ist denkbar karg gehalten, meist nur Blue’s Stimme und seine Gitarre mit ein paar Beiträgen der Kollegen. Und die sechs Minuten von „House of Changing Faces“ sind auch nicht besonders positiv. Da behandelt er ausführlich Suizid-Gedanken und seine Drogensucht. Sehr gut wird es, wenn Arrangeur Jack Nitzsche geschmackvolle Strings zu “Fire in the Morning” hinzufügt – und Blue singt: „I don’t have much to offer, I know all I really own is my soul”. Bei „Come On, John“ machen dann alle mit und man erkennt, dass Blue’s Songs auch mehr Verzierung vertragen würden. Es hat wie gesagt nicht viel genutzt. Immerhin hat David Blue als Schauspieler reüssiert – und seine Alben kann man ja wieder entdecken.

Asylum Records – Das Label aus dem Canyon

1971 bot der Laurel Canyon Anwohner, Manager und Atlantic-Mitarbeiter David Geffen verschiedenen Labels das Songwriter-Talent Jackson Browne an. Seltsamerweise lehnte sogar sein bisheriger Arbeitgeber Ahmet Ertegun von Atlantic ab – aber er riet ihm, ein eigenes Label zu starten. Und Geffen machte zusammen mit seinem Freund und Kollegen Elliot Roberts genau Das. Er investierte 400.000 $ und bot den Künstlern Asyl, die er kannt und schätzte (daher der Name des Labels…). Geffen hatte schon in den Jahren zuvor seine gute Nase bewiesen, als er Crosby, Stills, Nash (&Young) bei Atlantic untergebracht hatte. Was die etablierten Labels bewog, seine Favoriten abzulehnen, weiss ich nicht. Er brachte Glenn Frey dazu, die Eagles zu gründen, erkannte das Talent des Songwriters Tom Waits, holte etliche Künstler in seinen Stall und war enorm umtriebig. So verdiente er sich im Laufe der kommenden Jahre mit Browne, den Eagles, Joni Mitchell (mit der er eine zeitlang zusammen lebte), Linda Ronstadt und mit Künstlern wie Tom Waits und zwei Alben lang sogar mit Bob Dylan(!) eine so goldene Nase, dass er 1980 ein noch größeres Label gründete: Geffen Records. Asylum hatte er schon ’75 für viel Geld an Elektra verkauft, ab da ging Asylum Records über die Grenzen des Laurel Canyon hinaus – und wurde in den Neunzigen Heimat etlicher HipHop-Künstler. Geffen’s große Leistung ist, dass er auch den weniger berühmten Künstlern im Umfeld des Laurel Canyon Plattenaufnahmen ermöglichte. Judee Sill oder David Blue machten auf Asylum wunderbare Alben, deren künstlerische Wert weit über ihrem kommerziellen Erfolg liegt. Der Mann war sicher ein gewiefter Mnager und Geschäftsmann – aber er hatte auch eine Leidenschaft für und Ahnung von Musik.

Graham Nash/David Crosby
s/t

(Atlantic, 1972)

Cover – Tom Wilkes. Nur echt mit
rechteckigem Ausschnitt mit dem Foto der
beiden Musikerr

Ganz seltsam: Dieses Album, das entstand, nachdem Crosby, Stills, Nash &Young auseinanderflogen wie eine faule Melone, ist wunderschön, interessant, spannend, führt das fort, was CSN&Y mit Deja Vu so toll vorgelegt hatten… und ist heute weit unbekannter, als mancher unverdiente Klassiker jener Tage. Die Songauswahl ist wohltuend reduziert durch zwei Songwriter, die einander offenbar zugetan waren, die sich eben NICHT als Gegner ansahen. Und Graham Nash David Crosby war seinerzeit sogar erfolgreich. Erreichte ’72 Platz 4 der Billboard-Album Charts und hatte mit „Immigration Man“ und „Southbound Train“ zwei Hits, die man auch heute noch wunderbar hören kann… wenn man das seltsame Laurel Canyon-Kind „Yacht Rock“ in Perfektion kennenlernen mag. Natürlich fußen auch hier die Songs in Folk und Country, natürlich sind die Vocal Harmonies der Beiden bezaubernd und natürlich liefert mit The Section die LC-Elite den Hintergrund: Danny Kortchmar (g), Lee Sklar (b), Craig Doerge (key) und Russ Kunkel (dr). Beide Hits waren von Nash geschrieben, zeigten, dass der Mann zu Beginn der Siebziger einen Lauf hatte. Seine Songs sind hippie-optimistisch, aber vor Allem Crosby’s Beiträge sind herzergreifend. Er lieferte Songs, die an die hypnotische Melancholie des ’71er-Albums If I Could Only Remember My Name gemahnen. Das war kein Blues, das war ein fatalistisches Sich-Abfinden in Schönheit und Melancholie. Durch die unterschiedliche Haltung der beiden Songwriter scheint dieses Album zu taumeln – was man aber durchaus genießen kann. Nash ist Crosby’s Nemesis, derjenige, der ihn über Wasser hält, während Crosby singt wie eine mythische Sirene. „Page 43“ und „Where Will I Be?“ gehören mit zum Besten, was Crosby je geschrieben hat. Graham Nash David Crosby hat die müde Glorie, die manches Album dieser Szene und dieser Zeit zu einer dekadenten Sonnenuntergangs-Party macht. Es ist sehr lohnend, sich das mal anzuhören.

Linda Ronstadt
s/t

(Capitol, 1972)

Cover Foto – Ed Caraeff. Fotograf der Stars

Auch Linda Ronstadt ist tief in der Szene im Laurel Canyon drin. Sie hat im Vorjahr die kompletten Eagles als Backing Band auf ihrer Tour zum zweiten Album dabei gehabt, sie wird gerne als Background Sängerin gebucht – sie gehört dazu. Und sie hat 1972 schon zwei Solo-Alben und davor drei Alben mit der Band Stone Poneys hinter sich. (Stone Poneys and Friends, Vol. III von ’68 ist eine barocke Pop-Perle…). Diese ausnehmend hübsche Tochter aus gutem Hause ist inzwischen eine Veteranin, die sich deutlich zum Machismo in der Musiker Szene geäußert hat. Ganz zufrieden war sie bislang nie mit den Ergebnissen ihrer Kunst, dabei finde ich den in Nashville aufgenommenen Vorgänger Silk Purse (’70) und dieses dritte Solo-Album sehr gelungen. Linda Ronstadt’s Stimme allein ist schon ein Erlebnis. Sie hat eine an Folk geschulte, klare, sehr sichere und leicht wiedererkennbare Stimme mit flottem Country-Twang, sie vermag Emotionen mit Leichtigkeit zu vermitteln und steht zu Recht auf einem Podest mit Emmylou Harris. Linda Ronstadt ist ein Country Meisterstück mit Laurel Canyon Atmosphäre: Ein bisschen introvertiert, ohne die rustikale Erdverbundenheit der neuen Outlaw-Countrymusik, ohne den Schmalz der reaktionären Nashville Stars. Das Album filtert Country durch die Hippie-Brille. Da ist der von Jackson Browne geschriebene Opener „Rock Me on the Water“, halb Ballade, halb Rocker, der eigentlich ein Hit hätte werden sollen. „Crazy Arms“ und „I Won’t Be Hanging’ Round“ sind als Balladen perfekt für ihre Stimme. Das beste Stück hier ist IMO „I Fall to Pieces“ – ’61 ein Hit für Patsy Cline und von Linda Ronstadt mit einer Sicherheit und Emphase gesungen, die sie in Patsy Cline’s Höhen katapultiert – und zugleich ein gutes Beispiel für den achtsamen Umgang der Laurel Canyon Leute mit klassischen Country-Vorlagen. Da auch Linda Ronstadt nicht den großen Erfolg hatte, sie sich aber im Kreis ihrer Musiker wohl fühlte, wechselte sie im folgenden Jahr auch zu Asylum Records.

Jennifer Warnes
Jennifer

(Reprise, 1972)

Art Director – Ed Thrasher, Design, Dave Bhang

Dass Jennifer „Dirty Dancing“ Warnes auch was mit der LC-Szene zu tun hat…? In der Tat, sie war dabei, sie hatte schließlich im Musical Hair mitgespielt, war in der LA-Club-Szene herumgereicht worden, kannte Leonard Cohen (der auch im Laurel Canyon wohnte und auch mal was mit Joni Mitchell hatte…) – und die ganze Musiker Clique. Es hat sicher etliche Leute gegeben, die sie empfahlen – und 1972 machte sie ihr erstes Album bei Reprise. Warner ist keine große Songwriterin, aber sie hat mit ihrer dunklen Stimmfarbe und ihrem Musical-Background eine ziemlich eigenständige Art, Songs zu interpretieren. Dazu kommt auch hier wieder erlesenes Personal im Studio: Produziert hat Ex-Velvet Underground John Cale – mit Begleitmusikern wie z.B. Sneaky Pete Kleinow, Ron Elliot, Richie Hayward und wieder mit dem jungen Jackson Browne an Bord (der durfte in dieser Zeit fast überall mitspielen) sollte man erwarten, dass dieses Album zu den Erfolgreichen gehört. Aber Jennifer ging unbemerkt unter. An den Musikern und auch an den Songs hat es nicht gelegen: Jackson Browne’s „These Days“, John Cale’s „Empty Bottles“, zwei mal Jimmy Webb mit „All My Love’s Laughter“ und dem verspielten „PF. Sloan“, oder das barocke „Magdalene (My Regal Zonophone)“ von Procol Harum – erstens kann sie das alles und zweitens passt alles zusammen. Sie war einfach eine große Sängerin, die immerhin mit „Last Song“ Selbstverfasstes beitrug. Ich weiss nicht, ob es an meinen Info’s liegt – aber eine gewisse Musical-Atmosphäre meine ich immer herauszuhören. Aber das schadet nicht. Mit dem von Bee Gee’s Barry Gibb geschriebenen „In the Morning“ gibt es einen Album Opener, der sich mit dem besten von Carole King oder auch Joni Mitchell messen kann. Aber die Verkäufe blieben erst einmal bescheiden und es sollte bis in die 80er dauern, ehe sie den verdienten Erfolg hatte. Ihr ’86er Album mit Leonard Cohen Songs (Famous Blue Raincoat) ist ein Stück toller, subversiver Kitsch.

Stephen Stills
Manassas

(Atlantic, 1972)

Cover Desigbn – Stephen Stills & Ira H. Wexler Foto – Ira H. Wexler am Bahnhof von Manassas

Es ist ein bisschen wie bei den Eagles: Stephen Stills versammelte nach dem Scheitern des Diven-Quartetts Crosby, Stills Nash & Young und nach zwei Solo-Alben LC-Prominenz um sich und startete das Projekt Manassas. Wieder könnte ich die Namen aufzählen – aber hier sind sie ja fein säuberlich auf dem Cover aufgeführt… Und wer die vorherigen Artikel gelesen hat, wird sie evtl. da und dort wiederfinden. Wobei… Manassas ist ein Stephen Stills-Album mit ein paar Beiträgen von Chris Hillman als Co-Writer. Und es ist eine Verbesserung zum letztjährigen (sowieso schon guten) Solo-Album Stephen Stills 2. Hier hat man all das und mehr von dem, was seine Songs in den letzten beiden Jahre und auf den letzten beiden Alben ausgezeichnet hat: Stills‘ energetische, gepresste, immer wiedererkennbare Stimme, das dynamische Songwriting, mit einem kraftvollen Schuss Blues und Psychedelic Rock und ein paar Virtuose, die alte Country-Vorlagen verinnerlicht hatten. Die Doppel-LP war in vier Sektionen aufgeteilt, Seite 1 – The Raven – Rock mit Latin-Einflüssen und mit dem Hitverdächtigen „Both of Us“ als Closer. Seite 2 – The Wilderness, großartiger Country und Bluegrass – nicht nur um mal zu zeigen, dass sie auch das können. Hier sind die Songs besonders überzeugend: Wunderbar ist schon der Bluegrass Opener „Fallen Eagle“ mit heulender Steel, flirrender Geige und flinker Mandoline. Und diese Vocal-Harmonies – das können die Dillards nicht besser. Und „Colorado“: Strahlende Cosmic American Music. Und so geht es weiter. Die beiden Seiten „Consider“ (Folk und Folk-Rock) und „Rock ’n ‚Roll is Here to Stay“ – (selbsterklärend) sind voller wunderbar musizierter Songs. So gelungen, dass es für den Nachfolger zum Problem wurde. Lustigerweise wurde Manassas in Miami und in England aufgenommen. Der Laurel Canyon war inzwischen überall. Stills benannte die Band voller Begeisterung nach dem Album und machte als nächstes ein weit schlechteres Album. Und ein PS: Manassas ist der Name des Ortes, an dem im US Bürgerkrieg 1860 die erste Schlacht geschlagen wurde. Waffen-Narr Stills stand auf so was…

America
Homecoming

(Warner Bros., 1972)

Art Direction – Gary Burden (gähn…)

America sind lustigerweise in England entstanden. Gerry Beckley (g, p, voc), Dewey Bunnell (g, voc) und Dan Peek (g, key, voc) waren Kinder von US-Soldaten in Watford, und die drei hatten im Jahr zuvor mit ihrer Debüt-Single „A Horse With No Name“ einen Über-Hit gelandet, der sie ihre komplette Karriere lang verfolgen würde. Das dazugehörige erste Album war unausgereift – um es nett zu formulieren – der Vorwurf, sie seien eine Art Crosby, Stills & Nash für Arme war durchaus gerechtfertigt. Das sagt aber eben auch, dass schon da ihre Vocal Harmonies funktionierten. Nun hatten sie ihr zweites Album in LA aufgenommen, ihr Songwriting verbessert und ihr ganzes Konzept ausgefeilt. America sind Soft-Rocker, sie machen auf Homecoming das, was sich bald in der Szene in LA und im Laurel Canyon als Verkaufs-Schlager durchsetzen wird: Folk/Country-Rock light. Mit angenehmem Pop-Appeal, der niemandem wehtut. Dazu sind die drei auch noch auf der romatischen Seite unterwegs, dunkle Unterströmungen findet man nicht, Zynismus, wie bei Hotel California etwa, sucht man vergeblich. Ob die drei im dekadenten Laurel Canyon-Zirkel verkehrten, bezweifele ich fast. Aber immerhin waren sie nach LA gezogen und hatten David Geffen als Manager. Ein-zwei Bier dürften sie im Laurel Canyon getrunken haben. Hier werden flotte Anhalter in einen perfekten Sonnenuntergang gefahren. Aber dieses eine Mal gelingt das, dieses eine Mal finden ihre Songs auch vor meinen Augen Gnade – weil hier die Dichte an schönen Tracks so hoch ist und sie noch nicht in Routine erstarrt sind. „Ventura Highway“ wurde der Hit auf diesem Album – mit flotter Gitarre und sehnsüchtigem Gesang. Aber da gibt es auch „Don’t Cross the River“ – mit ziemlich ungefährem Text, aber schönem Country-Flair. Insbesondere die Songs von Dewey Bunnell sind schön. Sein „Moon Song“ hat gar progessive Untertöne, Homecoming ist nicht ganz so wie die anderen Alben in diesem Artikel, aber es passt halbwegs und es ist im Record Plant in LA entstanden. Dem Studio mithin, in dem die Laurel Canyon Stars ein und aus gingen. Und dies ist IMO das einzige wirklich lohnende Album dieser Band.

Jimmy Webb
Letters

(Reprise, 1972)

Cover – unbekannter Designer. Sieht selbsgemacht aus…

Unter den zahllosen hochkarätigen Musikern in den Kreisen des Laurel Canyon war tatsächlich auch der Songwriter Jimmy Webb, der seinerzeit mit Joni Mitchell gut befreundet war. Nachdem er als Spiritus Rector hinter Leuten wie Jimmy Campbell oder The 5th Dimension Hits in Reihe geschrieben, arrangiert und produziert hatte, beschloss er 1970 sein eigenes Ding zu machen. Letters war schon sein drittes Album, natürlich hatte er die nötigen zwei Hände voll Songs parat. Diesmal eröffnete er das Album mit einem seiner größten Erfolge: „Galveston“ kommt hier nur mit geschrubbter Akustik-Gitarre daher – ganz anders als die Version von Glenn Campbell. „Campo de Encino“ verbindet Tex-Mex mit Musical, am schönsten und tatsächlich in ihren dezenten Arrangements am haltbarsten sind Tracks wie das allseits bekannte „Love Hurts“ oder das Carpenters-artige „When Can Brown Begin“. Und bei „Hurt Me Well“ bewies er sogar, dass er mit seiner unauffälligen Stimme trotzdem singen konnte. Webb hatte eine eingespielte Mannschaft an der Seite. Gitarrist Fred Tackett und Bassist Skip Mosher, der wo nötig auch Saxophon und Flöte spielt. Und Joni Mitchell sang im Background von „Simile“. Als Solo-Künstler hatte er jetzt Selbstvertrauen gesammelt. Letters ist nicht mit den anderen Alben in diesem Artikel vergleichbar. Jimmy Webb war von Country und Folk weit entfernt, seine Musik hat oft orchestrale Ausschmückungen und komplexe Melodien, die ich eher am Broadway gesucht hätte. Und seine Solo-Karriere blieb kommerziell eher erfolglos. Aber der Typ hatte genug Tantiemen im Rücken, um einer Leidenschaft zu folgen. DAS macht seine Solo-Alben sympathisch. Im folgenden Jahr holte David Geffen ihn zu Asylum Records. Das ’74er Album Land’s End und das darauf folgende, mit George Martin wieder auf einem anderen Label eingespielte Album El Mirage (’77) sind die Krönung seiner Solo-Karriere. Letters ist die gelungene Trainings-Runde.

Carly Simon
No Secrets

(Elektra, 1972)

Cover foto – Ed Caraeff – vor ihrem Londoner Hotel. Skandalöserweise ohne BH

Laurel Canyon als Export? Ja, auch die „Soft Rock“ Songwriterin (allein damit passt sie schon in die Laurel Canyon Szene) hatte ebendort ihre Inspirationen und Ideen her – und auch wenn ihr hervorragendes drittes Album in England produziert wurde, klingt sie enorm amerikanisch, genauer WestCoast-artig. Schliesslich hatte sie sich dereinst in den Clubs in LA ihre ersten Sporen verdient und hatte im Laurel Canyon ihre Songs geschrieben und dort die Erfahrungen gesammelt, die sie in ihren Lyrics verarbeitete. Wobei – DER Hit in Carly Simon’s Karriere ist hier – und man weiss bis heute nicht, ob es bei „You’re So Vain“ um den LA-Schauspieler Warren Beatty oder um Mick Jagger geht, den sie bei den Aufnahmen zu No Secrets kennen gelernt hatte und der bei dem Song im Background singt. Man weiss, dass sie James Taylor, der gerade Joni Mitchell’s Herz gebrochen hatte, ’72 heiratete und tatsächlich bis 1983 mit ihm zusammen blieb. Aber genug Gossip. No Secrets wurde in den Londoner Trident-Studios aufgenommen, klingt aber so archetypisch nach US-Westcoast Pop, dass der Ort der Aufnahme keine Rolle spielt. Carly Simon war nach ihrer ’71er Hit-Single „That’s the Way I’ve Always Heard It Should Be“, sowieso schon ein Star, auf No Secrets fielen alle Puzzleteile zusammen. Ihre Stimme ist beeindruckend, kühl, zugleich soulig und enorm wiedererkennbar. Jede Zeile, die sie singt scheint ein Ausrufezeichen am Ende zu haben (was auch nerven kann…). Die Texte sind – ganz typisch LC – Bekenntnis-Lyrik. Und sie hatte etliche sehr prägnante Songs dabei. Dass der Hit hier alles überstrahlt, ist fast ein bisschen Schade. Das nur mit Piano und Orchester Arrangement von Kirby Johnson versehen „The Carter Family“ ist delikat. „Waited So Long“ bekommt mit Lowell George’s Slide und Nicky Hopkins Piano fast Eagles-Charakter – und klingt so richtig nach Laurel Canyon, zumal hier James Taylor im Background singt. Na ja – und „You’re So Vain“ ist ein brillianter Song. Man nennt das „Adult Contemporary Music“ – und das kann man hier getrost als Kompliment gelten lassen, weil es einfach sehr gelungen ist. Ich schätze, wer Carole King’s Tapestry mag, dem könne No Secrets auch gefallen.

Ronee Blakley
s/t

(Elektra, 1972)

Foto – Frank Bez. Cover von Neil Young, Tim Buckley etc…

Ronee Blakley’s Story ist für den Laurel Canyon nicht untypisch. Dort haben sich schließlich nicht nur Musiker ‚rumgetrieben, sondern auch Schauspieler und Regisseure – eben Alles, was in der Populärkultur Los Angeles‘ und Hollywood’s eine Rolle gespielt hat. Aber die Tatsache, dass sie trotz eines ebensoguten Nachfolgers (Welcome, 1975) zu diesem – ihrem Debütalbum – ihre Karriere als Musikerin beendete, ist vom musikalisch Standpunkt gesehen ziemlich traurig. Dabei fing es so gut an: Bei Elektra unter Vertrag, mit Steeler Buddy Emmons, Leland Sklar am Bass und Russ Kunkel an den Drums Musiker vom Feinsten dabei, ausgestattet mit eine kristallklaren Stimme und dazu eine veritable Songwriterin, die sogar die Aufmerksamkeit von Leonard Cohen und Bob Dylan erregt hatte – Letzterer nahm sie mit auf die Rolling Thunder Tour – hatte sie etliche gute Karten auf der Hand. Man muss sich vor Augen halten, dass ausser Joni Mitchell und der stilistisch ganz anders ausgerichteten Carly Simon keine Musikerin den Stoff für ein eigenes Album an der Hand hatte. Die Songs auf Ronee Blakley sind in Blues und Folk getaucht, haben ein gewisses Hollywood-Flair (was dazu geführt haben mag, dass sie dann auch als Soundtrack-Komponistin gecastet wurde). Und sie sind allesamt von etwas so undefinierbarem wie „strahlender Schönheit“. „Attachment“ ist mit seinem Streicher-Arrangement damaliger Baroque-Pop (auch ein Thema im Laurel Canyon), „Down to the River“ ist klassischer Country, könnte den Federn eines der etablierten Nashville Songwriter entstammen. Für mich ist sie die Westcoat Version der NY-Großstadt-Pflanze Laura Nyro. Das Album verkaufte sich zwar nicht blendend, aber sie hatte die Aufmerksamkeit einiger wichtiger Leute erregt. Sie wurde bald darauf angeheuert, die Filmmusik zu Robert Altman’s Film Nashville zu schreiben – übernahm dort auch noch eine der tragenden Rollen und wollte danach nur noch als Schauspielerin arbeiten (leider nicht mehr so erfolgreich). Aber wie auch immer. Wir haben ja ihre beiden Alben, und Ronee Blakley ist eine Perle und Welcome ist vergleichbar gelungen. Man muss sie heute nur suchen.

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