1970 – Deep Purple bis Stray – Daher kommen Hardrock und Heavy Metal

1970 ist eindeutig das Jahr, das als Geburtsstunde des „Heavy Metal“ gelten kann. Dabei haben Black Sabbath und Deep Purple sicher nicht geplant, ein Genre zu gründen

Sie haben einfach das gespielt, was ihnen einfiel und dabei aufgrund der Zusammensetzung ihrer Bands einen bestimmten Sound kreiert, der neu war. Grundlage des Sounds von Black Sabbath war angeblich die Erkenntnis, dass Musik, die Horror-Elemente hat, die Massen anziehen würde. Das hatten sie bemerkt, als sie sahen, dass im den Proberäumen gegenüberliegenden Kino Horrorfilme die größten Publikumsmagneten waren. Also machten sie Musik zum Fürchten. Und Elemente aus der Filmmusik von Horrorfilmen findet man dann tatsächlich bei ihnen wieder – wie bei fast allen Acts, die sich später dem Metal verschreiben würden. Ihre beiden Alben sind Grunspfeiler des Hard Rock, des Heavy Metal, und sie sind bis heute zeitlose Meisterwerke, die deshalb im Hauptartikel 1970 beschreibe. Ihre Kollegen Deep Purple und mehr noch Led Zeppelin dagegen kamen eher traditionell daher – vom Blues und vom psychedelischen Progressive Rock. Sie ersetzten zunächst das Blues-Feeling durch infernalische Lautstärke und überhöhten die Bühnenpräsenz insbesondere ihrer Sänger mit ausgesprochenen Macho-Posen – auch eine Tradition, die sich bis ins heute im Metal fortsetzt. Es war insbesondere ein junges Publikum – eines, das mit Flower Power und Protest-Folksängern nichts anfangen mochte, das die Stones und die Beatles als etablierte und etwas pomadige Größen betrachtete, das hier seine neuen, eigenen Helden fand. Dass sich daraus über Hard Rock und Metal fortlaufend ein paar ganz eigene Stilrichtungen bilden würden, die in gewissem Sinne immer parallel zum „zivilisierten“ Rockgeschehen lief, ist eine andere Geschichte. Eine die ich in anderen Einträgen wie „Was heisst NWOBHM“ oder „Wo kommt der Thrash her“ beleuchten werde. Hier die allgemein anerkannten Metal-Begründer – und Alben von Bands wie etwa Free, The Who, Wishbone Ash, Stray, Atomic Rooster oder T2 und ihre Antwort aus Deutschland – Lucifer’s Friend – sowie Alben vergleichbaren Acts aus den USA wie James Gang, Mountain, Frijid Pink und Sir Lord Baltimore – die einen vergleichbar „harten“ Sound etablierten und vielleicht auch ein vergleichbares Publikum hatten, die aber dennoch eher mit allen Extremitäten im Psychedelic Rock standen, und ie man dann auch als Heavy Psych-Alben bezeichnen kann. Denn diese Musik – die weit mehr in ihrer Zeit gefangen ist – ist auch einer der Grundpfeiler des Metal. Denn auch hier findet man harte, schnelle Rhythmen, kreischende Gitarren (oder Orgeln) und oft ein finsteres Image. Also – wer Black Sabbath mag höre auch T2…

Black Sabbaths/t
(Vertigo, 1970)

Ja – die beiden Black Sabbath Alben von 1970, das Debüt und Paranoid – das sind die Alben, auf denen Metal an sich aufbaut. Daher findest du sie im Hauptartikel 1970…

Black Sabbath – Paranoid
(Vertigo, 1970)

Nachfolgende Generationen haben die Härte von Sabbath vielleicht übertroffen. Aber vom Hardrock der 70er bis zum Blackgaze der 00er wird das Spiel mit einem „bösen“ Image und harten Gitarren eigentlich nur noch unendlich variiert.

Deep Purple
In Rock

(Harvest, 1970)

Design – Edwards Coletta Prod. Manager der Band. Haben nur Deep Purple Cover gemacht.

1970 ist nicht nur wegen Black Sabbath das Jahr, in dem der Heavy Metal die entscheidenden Impulse erhält. Da waren auch noch Deep Purple – und mit diesen beiden Bands sind die genannt, die das Genre wahrscheinlich am meisten geprägt haben. Deep Purple hatten schon vorher „harte“ Musik gemacht, aber auf ihren vorherigen Alben waren sie noch stark von bunter Psychedelic beeinflusst gewesen. Mit der als MK II berühmt gewordenen Besetzung gelang es ihnen, etwas Neues zu erschaffen. Die Kombination aus Jon Lord’s Klassik-beeinflusstem Keyboardspiel, Ritchie Blackmore’s innovativer und harter Gitarre und den Fähigkeiten des neuen Sängers Ian Gillan sollte ein weiteres Referenzalbum des Metal entstehen. Das Mount Rushmore Cover war die passende Verpackung für ein Album voller Songs, die zu Klassikern wurden: Es beginnt mit den brillianten Songs „Speed King” und „Bloodsucker”, dann kommt das beste Stück der LP, das extrem abwechslungsreiche „Child In Time”, ein Song der ohne Ian Gillans Vokalakrobatik – die kommende Heavy Metal Shouter genause beeinflussen sollte wie Ozzy Osbournes Gesang – gar nicht existieren könnte. „Flight of the Rat“ ist vielleicht der schwächste Song hier, und selbst der ist insbesondere in den Instrumentalparts beeindruckend genug. „Into the Fire“, „Living Wreck“ – beides hervorragende Metal Songs und zuletzt der zweitbeste Song der LP – „Hard Lovin´ Man“ machen aus In Rock eine der Ikonen des Metal. Einziges Manko: In Rock steht für einen Hardrock-Sound, der heute als altmodisch gilt. Spätere Bands wurden einfach extremer, aber die Moden ändern sich…

Led Zeppelin
III

(Atlantic, 1970)

Cover – Richard Drew aka Zacron. Studienkollege
von Jimmy Page an der Art School. Sein einziges
Cover. Original mit drehbarer Einlage vorn.

Den Begriff „Heavy Metal“ gab es wie gesagt 1970 noch nicht. Aber die Leute, die Musik solcher Bands wie Deep Purple hörten, sind möglicherweise durch den lauten, aggressiven Sound von Led Zeppelin in diese Spur gebracht worden – und daher gelten Led Zep genauso als Wegbereiter des Metal wie Deep Purple und sind gleichzeitig für den an Thrash geschulten Metal-Head eher ein historisches Blues-Phänomen als ernsthafter Metal. Damals allerdings hatten die vier Superstars mit ihren ersten Alben die Grenzen der Härte und Lautstärke weit voran getrieben. Nach den ersten beiden, immer in wenigen Tagen aufgenommenen Alben, ließen sich Led Zeppelin für III nun etwas mehr Zeit. Viele der Songs wurden buchstäblich am Lagerfeuer komponiert, die Band orientierte sich am akustischen Sound von Crosby, Stills, Nash & Young, ließ Folkmusik einfliessen, verbeugte sich vor Roy Harper und versuchte ganz einfach (klugerweise) musikalisch zu wachsen. Selbst ein Rocker wie der galoppierende „Immigrant Song“ stürmt nicht einfach drauflos, „Celebration Day“ hat ein seltsam psychedelisches Slide-Solo, Songs wie „Bron-Y-Aur Stomp“ und „Gallows Pole“ sind erkennbar tief in britischem Folk verwurzelt, eine Richtung in der Led Zeppelin noch weiter experimentieren sollten. Und dann war da noch „Tangerine“. Einer ihrer besten Songs, bei dem sie US-Westcoast-Flair mit ihrem krafvollen Sound vereinten. Es gab auf „Since I’ve Been Lovin‘ You“ natürlich noch den Blues, der für sie die Basis und Startpunkt gewesen war. Fans und Kritik jedoch waren zunächst verwirrt, nach kurzer Zeit jedoch erkannten alle III als das was es ist: Eines der besten Alben Led Zeppelin’s – das allerdings strenggenommen mit „Hard Rock“ nur am Rande zu tun hat.

The Who
Live At Leeds

(Polydor, 1970)

Cover – Graphreaks Designer. Im Original als braune Papiertüte

The Who sind 1970 eine etablierte Band – sie hatten von der Hitsingle „My Generation“ 1965 bis zur Rock-Oper Tommy im Vorjahr die Entwicklung vom Mod-Rock zu komplexer Rockmusik geschafft. Aber dass The Who live eine Macht waren, dass sie weit härter waren, als ihre Konkurrenten von den Stones, das war zwar bekannt, aber noch nicht offiziell dokumentiert. Ein Live-Album war also – auch und gerade nach dem etwas überkandidelten Tommy – durchaus angebracht. in der Tat gehört Live At Leeds zu den ganz großen Live Alben der Rockgeschichte. Die originale LP enthält nur sechs Songs – drei davon Cover-Versionen: Mose Alison’s „Young Man Blues“, Eddie Cochran’s „Summertime Blues“, und Johnny Kidd & The Pirates‘ „Shakin‘ All Over“, aber heutzutage kennt man die auf 14 Tracks aufgestockte Version des Konzerts vom 14. Februar ’70 – und hier gilt – das ist die bessere Variante, obwohl mit den sechs Songs auf der LP alles Wichtige gesagt ist: Man hört The Who in aller Pracht, vor Kraft strotzend und immer knapp am Rande des Chaos – und ohne artifiziellen Unsinn – obwohl sie bei den Konzerten dieser Tage oft das komplette Tommy-Album spielen mussten. Diesen Teil ließen sie für das Album wohlweislich außen vor – vierzehn Minuten „My Generation“, siebeneinhalb Minuten „Magic Bus“, ein paar Rock’n’Roll Klassiker, mit einem durchgedrehten Keith Moon an den Drums, mit Roger Daltrey, der sein Mikro durch die Gegend wirbelt, und mit Pete Townshends ungeheuer dynamischem Gitarrenspiel… man kann die Band regelrecht sehen. Das schlau gemachte Bootleg-Cover Design suggeriert sympathisch Authentizität. Es war schließlich tatsächlich der Mitschnitt eines einzelnen Dates. Live At Leeds ist ein wertvolles Dokument.

Free
Fire And Water

(Island, 1970)

Foto – Richard Polak. Hat etliche Cover fotografiert

Hier eine der Bands, die ich in den Jahren vor ’70 in Artikeln über Blues in England untergebracht habe. Free sind, genau wie ihre Kollegen von Led Zeppelin, im Grunde eine Blues-Band. Aber eben eine, die mit ihren Riffs – insbesondere mit dem Riff zum Evergreen „All Right Now“ und mit ihrem vergleichsweise „harten“ Sound, etliche spätere Metal-Musiker und -Hörer beeinflusst oder zumindest beeindruckt haben dürften. Die Band war mit den Produktionsbedingungen zum Vorgänger unzufrieden gewesen. Das hatten sie ihrem Labelboss Chris Blackwell auch mitgeteilt, und ihm zugleich erklärt, sie würden nun selber produzieren. So nahmen die Aufnahmen zu Fire and Water ein beträchtliches Mehr an Zeit in Anspruch, sie verschlissen mit Engineer Andy Johns einen namhaften Mann und bekamen mit Roy Thomas Baker einen damals noch unbekannten Könner an die Regler (der später z.B. Queen produzieren würde) und sie nahmen Material auf, das nicht mehr so tief in den Blues getaucht war, sondern nach hartem Rock klang. „All Right Now“, der Über-Hit des Albums ist eben nicht das einzige tolle Stück auf Fire and Water, der Titelsong und Opener des Albums, das bluesige „Heavy Load“ und „Mr. Big“ – das erste Stück auf der zweiten LP-Seite – sind mindestens genauso gut. Der soulige Gesang von Paul Rodgers und vor Allem die geschmackvoll heulende Gitarre von Paul Kossoff heben die Musik weit über den Durchschnitt – und das trockene Rhythmus Fudament von Andy Fraser und Simon Kirke ist so betont, wie man es heute von Hardcore Bands kennt. Natürlich spielen Free keinen „Metal“, aber sie klingen selbst bei Balladen wie „Oh I Wept“ oder „Remember“ immens kraftvoll – kraftvoller jedenfalls als die meisten Bands des noch akuten britischen Blues-Booms. „All Right Now“ wurde danach im Format-Radio totgespielt, aber das ist inzwischen auch schon fast vergessen, man wird, wenn man dieses Album neu hört, überrascht feststellen, dass pure, rohe „Rockmusik“ erstaunlich geschmackvoll sein kann.

Groundhogs
Thank Christ For The Bomb

(Liberty, 1970)

Sleeve Design – Clearwater Conception

Die Groundhogs galten immer als eine der britischen Blues Bands aus der zweiten Reihe – vermutlich weil sie von vorne herein zu hart für ihr Metier waren. Ihr drittes Album Thank Christ For The Bomb ist neben seinem Nachfolger Split das Album der Wahl. Sie mögen als Basis Blues und Boogie gehabt haben, aber Bandkopf Tony McPhee war für jedes Experiment offen. Dazu hatte er eine kraftvolle No Fun-Stimme, die sich mit traurigen Geschichten kaum vertrug und sein Gitarrenspiel war weit härter als das eines Paul Kossoff etwa. Zusammen mit dem Bassisten Pete Cruikshank und dem Drummer Ken Pustelnik machten die Drei eher Power-Rock als Blues und auf Thank Christ for the Bomb polemisieren sie dem Titel entsprechend gegen den Krieg und den Kapitalismus. Im von folkigen akustischen Gitarren durchzogenen „Soldier“ betrachtet McPhee den Krieg aus der Post-Woody Guthrie Warte wenn er singt: „Soldier, when you see 8,000 climbin‘ up on you / Don’t see them as men – just see them as enemies of the king, y’know.“. Und der Titeltrack ist grundsätzliche Kritik am Krieg in 24 klugen Zeilen bevor sich die Band dann in einen donnernden Rausch spielt. Lyrics und Musik waren die Kopfgeburt von Tony McPhee, einem echten britischen Exzentriker, der progressiven Rock, komplexe Strukturen, die mitunter gar an die Magic Band erinnern, Blues und Boogie zu einer explosiven Mischung zusammenkippte und der mit der Schluss-Trilogie „Status People“, „Rich Man, Poor Man“ und „Eccentric Man“ auch noch bittere Gesellschaftskritik übte. Die Groundhogs haben sicher wegen ihres komplexen Materials und dessen Unkommerzialität nie einen vergleichbaren Erfolg wie Free gehabt, aber ihre Musik ist überraschend zeitlos geblieben. Und natürlich ist auch das hier kein „Metal“, aber Thank Christ for the Bomb führt direkt dort hin.

James Gang
Rides Again

(ABC, 1970)

Design – Bob Lockhart. Hat auch das erste
Groundhogs Album-Cover designed.

…und das nächste Album, das nicht Metal ist, aber etliche Bands beeinflusst haben dürfte, die dann die „harte“ und „schwere“ Variante der Rockmusik entwickelt haben – diesmal aus den USA. James Gang war die Band des Gitarristen Joe Walsh – eines Gitarristen, der bald eine einträgliche Karriere mit den Westcoast-Softies Eagles machen würde – aber mit seiner James Gang – und auf seinen ersten Solo-Alben hat er eine Musik gemacht, die eher an moderne Stoner-Rock Bands erinnert, als an den countryfizierten Westcoast Rock der Eagles. Rides Again war – nach dem extrem gelungenen, aber stärker im Blues verhafteten Debüt Yer Album von 1969 – Walsh’s Meisterstück. Es zeigt, was für ein vielseitiger und zugleich unverkennbarer Gitarrist er ist, es zeigt, dass er Songs schreiben kann und dass er verschiedenste Einflüsse unter den Deckel seines ureigenen Stils zu packen vermag. Der Opener „Funk#49“ ist harter Rock plus Funk, das siebenminütige Epos „The Bomber“ vermischt schweren Jam-Band-Rock mit psychedelischen Exzessen, man kann sich lebhaft vorstellen, woher James Gang ihre immense Reputation als Live-Band hatten – sie galten seinerzeit als DAS Konzert-Ereignis neben den Grateful Dead…. Es ist ein Power-Trio par excellence, mit einem Gitarristen/ Keyboarder/ Sänger, der der eindeutige Leader ist und mit einer äußerst effektiven Rhythmussektion. Joe Walsh mag nicht die größte Stimme haben, aber er weiss neben der Gitarre eine ungeheuerlich dröhnende Orgel einzusetzen. „Tend My Garden“ ist langsam und schwer wie Granit, das Intermezzo „Garden Gate“ ist dann wieder ein Grund, warum sich die Eagles für ihn interessiert haben dürften. und der Closer „Ashes The Rain And I“ sollte mal als Heavy-Ballade von einer der großen Metal-Bands gecovert werden. Der große Durchbruch blieb auch nach dem folgenden Album aus, Walsh machte ein tolles Solo-Album und ging dann zu den Eagles….

Wishbone Ash
s/t

(MCA, 1970)

Cover – Grafik Designer john C. LePrevost

Nachdem Deep Purple Gitarrist Richie Blackmore den Gitarristen Ted Turner gehört hatte, war er voller Begeisterung zu den Leuten von MCA Records gegangen und hatte sie dazu gedrängt, dessen Band unter Vertrag zu nehmen. In der Tat sind die beiden Gitarren von Andy Powell und Ted Turner ein Wunder für sich. Durch sie hatten auch Wishbone Ash den enorm wichtigen eigenständigen Klang. Mit Ihnen wurde das Unisono-Spiel zweier Gitarristen zur Perfektion gebracht, und sie hatten – zumindest in den ersten Jahren ihres Bestehens – durchaus die Frische und auch die Songs, um beeindruckende Alben abzuliefern. Das Debüt Wishbone Ash ist hier und da noch etwas unentschieden – dass sie eine starke Blues-Basis hatten, entsprach dem Zeitgeist und den Gepflogenheiten bei gitarren-orientierten Bands – es war die Basis auf der zu dieser Zeit Rockmusik entstand – aber Wishbone Ash betonten die Kunst des Gitarrenduells, sie verließen dafür die Lehre des reinen Blues mit progressiven und mitunter sehr lyrischen Passagen und Songs. „Lady Whisky“ wäre purer Soft-Rock, wären da nicht die Solo-Exkursionen, die den Song dann auf mehr als sechs Minuten ausdehnen. Mit fortlaufender Dauer des Albums werden die progressiven Hard Rock Einflüsse immer deutlicher, und beim Closer, dem über zehn-minütigen Jam „Phoenix“ hebt die Band wahrhaftig ab. Sie klangen – wie gesagt – wie keine andere Band und spätere Metal-Bands wie Thin Lizzy oder Judas Priest haben sich bei ihnen einiges abgehört, einziges Manko blieb über die gesamte Karriere das Fehlen eines vernünftigen Sängers. Aber auf den ersten drei Alben – vor Allem auf dem Meisterwerk Argus (1972) kann man darüber hinwegsehen – die anderen Elemente ihres Sounds sind einfach zu beeindruckend. Wobei ich aber zumx-ten Male sagen will, dass diese Art Musik zu machen heute herzlich unmodern ist… aber das gilt für alle Alben in diesem Kapitel.

Mountain
Climbing!

(Windfall, 1970)

Cover Art – Gail Delta Collins Pappalardi – die auch Lyrics und Songs schrieb – u.a. auch „Strange Brew“ von Cream

Zurück in die USA: Wenn man an die großen Heavy-Acts der Siebziger denkt, darf man Mountain nicht vergessen. Deren Sound hat eine Wiederentdeckung durch all die verdient, die sich im Feld des Stoner Rock wohlfühlen. Denn Mountain klingen tief, schwer und roh. Sie hatten mit dem Gitarristen Leslie West einen Virtuosen an Bord, der einen enorm wiedererkennbaren Stil hatte und sie hatten mit dem Bassisten und Produzenten Felix Pappalardi einen Könner mit gewaltiger Reputation dabei. Hier MUSS ich den Namen Cream ins Spiel bringen, deren Disraeli Gears Pappalardi produziert hatte, deren „Theme for an Imaginnary Western er damals mit-verfasst hatte – und auf Climbing neu interpretierte. Mit Leslie West, dem Ex Gitarristen der New Yorker Garage-Rock Band Vagrants, einem Typ von enormer physischer Präsenz, hatte West im Jahr zuvor dessen Solo-Album Mountain aufgenommen, das als inoffizielles Debüt der Band gilt. Und der konnte mit Pappalardi hervorragend mithalten. Nun könnte man annehmen, dass Pappalardi so etwas wie Cream 2.0 machen wollte – und gewisse Ähnlichkeiten gibt es durchaus. Aber mit Leslie West hatte er einen Gitarristen und Songwriter an der Seite, der ganz gewiss keine Clapton-Kopie sein konnte oder wollte. Mit den Vagrants hatte West eine Art Garagen-Soul gespielt, die hatten aber leider nie ein komplettes Album zusammenbekommen. Jetzt lebte er mit mächtiger Stimme fliessendem Gitarrenspiel Heavy-Rock Fantasien aus. Dazu hatten die beiden mit Corky Laing einen tollen Drummer dabei und ließen sich im Unterschied zu Cream vom Keyboarder Steve Knight noch eine dröhnendem Mellotron-Vollbedienung geben. Mit dem Album-Opener „Mississippi Queen“ hatten sie einen Hit, „For Yasgur’s Farm“ (über den Besitzer der Farm, auf der Woodstock stattfand… übrigens) bot progressiven Hard-Rock, „Sittin‘ On a Rainbow“ ist ein kurzer, sehr eingängiger Track, das ganze Album ist abwechslungsreich und landete damals in den Charts. Mounain traten am zweiten Tag bei Woodstock auf – eigentlich hätte man eine große Karriere erwartet – aber es sollte nicht mehr geben als ein bisschen Ruhm und mit dem Nachfolger Nantucket Sleighride einen ehrenwerten Nachfolger.

Warhorse
s/t

(Vertigo, 1970)

Cover – Keith MacMillan aka Keef. Cover Designer
für etliche Vertigo Alben – auch Black Sabbath
(siehe oben)

Das Gleiche nochmal aus dem United Kingdom. Bassist Nick Simper hatte bei Deep Purple gespielt, aber Ian Gillan und er waren nicht die besten Freunde und so musste er die Band verlassen. Er begleitete die Sängerin Marsha Hunt, formte – als diese schwanger wurde – mit dem Gitarristen und dem Drummer seine eigene Band, holte sich den „Shouter“ Ashley Holt und den jungen Keyboarder Rick Wakeman dazu, der aber bald die Band wieder verließ, um durch Frank Wilson ersetzt zu werden. Warhorse waren eine erfahrene, ziemlich virtuose Band, die sich in den Trend der progressiven Rockbands einreihten, die ihre Musik aus dem Blues-Kontext lösten und härter, lauter und wilder spielten, als man es bislang gekannt hatte. Es gibt Ähnlichkeiten mit Deep Purple, da ist die prominente Orgel – immer im Kampf mit der Gitarre, da sind krachende Proto-Metal Songs wie „No Chance“ oder „Burning“, aber Warhorse sind düsterer als Purple, ihre Songs sind härter, weniger verspielt. Es gibt (natürlich zu dieser Zeit) lange Instrumental-Exkursionen, die typisch für den progressiven Rock sind, die Bands wie Iron Maiden später – und anders – praktiziert haben- Mit „St. Louis“ gibt es eine etwas unpassend „fröhliche“ Cover-Version eines Easybeats-Songs, die immerhin zeigt, dass Warhorse auch sowas können… Man wollte wohl unbedingt einen Hit… Vermutlich kommen viele Faktoren zusammen, die verhinderten, dass Warhorse Erfolg hatten. Zu viele Band dieser Art, zu unauffällig im Vergleich mit Deep Purple und Black Sabbath, Die Songs nicht ganz so gut, wie die der Konkurrenz, schlechte Promotion und ein schwächeres zweites Album … es gibt etliche Gründe, aus denen solche Bands scheitern. Warhorse werden Nerds, die sich an der Musik dieser Zeit delektieren, sowohl kennen als auch schätzen.

Sir Lord Baltimore
Kingdom Come

(Mercury, 1970)

Cover – US-Designerin Anna Valencia – 25 (!) Jahre später auch Sore von Buzz oven

Und es gibt noch mehrere weniger bekannten Vorläufern des Metal zu Beginn der Siebziger. Zum Beispiel das US Power Trio ‘Sir Lord Baltimore. Die gingen ’71 zum Support ihres ersten Albums zusammen mit Black Sabbath auf Tour – und ihr progressiver Psychdedelic Rock hatte in der Tat mehr mit Black Sabbath zu tun als mit dem Sound anderer Bands dieser Art. Schon der Opener und Titelsong des Albums klingt, als würden Cream unter dem Einfluss von Steroiden Ernst machen. Krachender Bass, extrem durchgedrehte Gitarren, ein singender Drummer, dessen Stimme – nicht selbstverständlich in dieser Zeit – mit der instrumentalen Power mithalten kann. Sie konnten extrem eingängige Riffs schreiben, aber vermutlich waren die Tempowechsel innerhalb der Songs, die spiltternden Gitarren, der durchgedrehte Gesang und die überbordende Energie zu viel für ihre Zeit. Heute (… oder vielleicht noch besser in den frühen Neunzigern) würde man Kingdom Come als experimentellen Stoner-Rock bezeichnen – und fände vermutlich auch nicht wirklich viele Liebhaber. Aber das Album klingt gerade wegen seiner Exzentrik bis heute erstaunlich zeitlos – und es ist für seine Zeit sehr heavy und passt somit ganz hervorragend hier hin.

Atomic Rooster
Atomic Roooster

(B&C, 1970)

Cover – Adrian George. Cover Designer. In Australien wurden die Brüste mit Federn übermalt (lol)

Wieder zurück nach England: Da gab es 1968 Power Rock von der Crazy World of Arthur Brown. Deren gleichnamiges Debüt ist ein gewaltiges Stück Psychedelic Rock – sag‘ Heavy Psych dazu – und der wiederum ist – wie man an diesem Kapitel sieht – eine der Gussformen des Hard Rock. The Crazy World… waren im Umfeld des legendären UFO Club in London erfolgreich, aber sie waren hauptsächlich ein Show-Live-Act, was ihrem musikalischen Rückgrat – dem Meister-Keyboarder Vincent Crane – nicht genügte. Also gründete der ’69 mit dem Drummer und Bandkollegen Carl Palmer und dem Bassisten Nick Graham und das Trio Atomic Rooster. Dass der Sound der Orgel das Debüt dominiert, dürfte also logisch sein. Zunächst hatten die drei keinen Gitarristen, für das Debüt Atomic Roooster aber holten sie sich den Virtuosen Ex-Andromeda Mann John DuCann ins Studio. Sie hatten ein Konzept, Vincent Crane war ein einfallsreicher Keyboarder. Nick Graham sang auf den meisten Tracks mit leicht bluesiger Stimme. Die Songs boten die zeit-typischen Instrumental-Orgien, der Rhythmus war hart und fett und man versuchte ein bisschen „gruselig“ ‚rüberzukommen. Das hat mitunter etwas unfreiwillig komisches, ist aber verzeihlich – zumal wenn man dann die Duelle zwischen Crane und DuCann hört. Bekannt wurde der Opener „Friday the Thirteenth“ – ein Horror-Themen Song mit feiner Melodie und Null Horror: „Somebody broke your wings, little bird, you can’t fly. Somebody broke your wings – beat them down, beat them down and then die. And the love I have to give, I’ll be giving you in years of my life...“ Es gibt auch pure Prog-Momente – etwa bei „Winter“ – das aber durch Graham’s Flöte so lyrisch ist, dass man nicht an Hard Rock denken mag. So sollte man das Album auch hören – als stellenweise hart gespielten Prog Rock mit virtuosen Keyboards und Gitarren…

Atomic Rooster
Death Walks Behind You

(B&C, 1970)

Cover – Nebuchadnezar von William Blake. Schön gruselig – die US Version bekam ein anderes Cover…

…die für das zweite Album fest installiert wurden. Carl Palmer verließ die Band Richtung der gigantisch erfolgreichen und ähnlich virtuosen Emerson, Lake & Palmer, Graham ging zu Skin Alley (…eine der vielen bald obskuren Heavy Psych-Bands ihrer Zeit). Crane holte sich den Drummer Paul Hammond und der Session Gitarrist DuCann wurde festes Mitglied und übernahm den Gesang. Death Walks Behind You gilt neben dem Nachfolger In Hearing Of (’71) als das Referenzwerk dieser Band. Die Soli sind wilder, der Sound hat an Härte gewonnen, man mag beklagen, dass John DuCann ein schwacher Sänger ist – aber gute Sänger waren und sind rar gesät. Zumal – was zählte, waren instrumentale Meisterleistungen und die inzwischen als ziemlich „knorke“ angesehen Härte auf solchen Alben. Dieser Hard Rock ist eine altmodische Geschichte. Und Atomic Rooster waren mit Crane und DuCann ein virtuoser Act. Es mag kein Wunder sein, dass sie von der Stigwood Group produziert wurden – die, die sich auch um Cream gekümmert hatten. Und Death Walks Behind You wurde erfogreich. Es gilt zu Recht als eines der Referenzalben des harten Progressive Rock, mit Crane’s „Tomorrow Night“ kamen sie bis auf Platz 11 in den UK Charts, das Album wurde auch in den USA veröffentlicht und der Titeltrack würde im Jahr 2000 von der Doom-Metal Band Paradise Lost gecovert werden. Mit „Nobody Else“ gab es eine der im Hard Rock auch damals schon unvermeidlichen Balladen. Und – man muss es sagen – das Spiel von Crane und DuCann IST exzellent. Dass Crane auch noch virtuos den Keyboard Bass spielt, fällt zunächst kaum auf. Man fragt sich nur, wer da der Bassist ist. Und um die Klischee’s vollends zu bedienen gibt es mit „Gershatzer“ die zu dieser Zeit gerne genommene instrumentale Tour de Force incl. Drum-Solo. Die Jungs konnten was. Und das wurde auch vorgezeigt.

T2
It’ll All Work Out in Boomland

(Decca, 1970)

Cover – Peter Thaine. Der hat auch Cover für Ralph McTell gemalt.

…so kann’s gehen: T2 waren ein Trio aus London, bestehend aus Musikern, die sich von Bands wie Please oder Neon Pearl kannten. Prog Rock Acts die maximal eine Single gemacht hatten. Die versammelten sich bei Bulldog Breed, machten ein nettes Psychedelic Rock Album, das ein paar Monate zu spät kam. Der singende Drummer Peter Dunton, der Bassist Bernard Jinks und der Gitarrist Keith Cross taten sich auf Betreiben ihres Managers John Morphew unter dem Namen T2 zusammen und bekamen einen gut bezahlten Vertrag bei Decca. Ihr Album It’ll All Work Out in Boomland ist einer dieser versunkenen Diamanten des Heavy Psychedelic Rock. Schön arrangierte, komplexe und fein komponierte Tracks, eingespielt von echten Könnern an den Instrumenten. Dunton meisterte Drums und Gesang mühelos, seine Stimme ist toll, ein bisschen angerauht, ausdrucksvoll, sein Spiel steht weit vorne und er war ein wirklich toller Drummer. dazu baut der Bass ein festes Fundament – aber besonders der gerade mal 18-jährige Gitarrist Keith Cross konnte es mit jedem seiner Kollegen aufnehmen. Diese Band erspielte sich eine hervorragende Live-Reputation. Man kam in die angesagten Clubs, bekam beim BBC den Auftritt in der Disco2 Institution und wurde zum Isle of Wight Festival gebucht. Das Album wurde zunächst vernünftig beworben – aber dann kam es zu Problemen mit den LP-Pressungen und erst mit sechs Wochen Verspätung kam …Boomland in die Läden. Dazu kam, dass das Album (so gut es klingen mag) nicht den Live-Charakter hatte, den die Band sich wünschte. Eigentlich schade – die Gitarrren-Feuerwerke von Cross allein sind auch so beeindruckend, lassen das Album herausstechen. Man höre nur „No More White Horses“, mit Sabbath-Riffing, einer Explosion von Solo, mit pulsierenden Drums. Es mag von Nachteil sein, dass die Tracks Überlänge hatten – aber das war ’70 nicht ungewöhnlich. Das über 20 Minuten gehende „Morning“ (so hießen T2 zunächst…) ist perfekter Psychedelic Rock mit majestätischen und kraftvollen Passagen. Aber dann ging zu viel schief. Der Manager zerstritt sich mit der Band, Cross wurde von ihm zu einer Solo-Karriere gedränt (die nie statt fand), Dunton und Jinks fanden zwar noch einen Gitarristen, aber es kam nur noch zu ein paar Demo-Aufnahmen, ehe auch diese beiden auseinander gingen. Und T2 versnadeten und …Boomland wurde zu einer dieser gesuchten Raritäten des 70er ProgRock. Immerhin – zu Recht.

Lucifer’s Friend
s/t

(Philips, 1970)

Cover vom Hamburger Juligan-Studio

Und auch in Hamburg wurde jetzt dem psychedelischen Kraut hartes Metall beigemischt. Das Problem mit dem peinlichen Deutschen Akzent bei den Lyrics umging die Band Lucifer’s Friend dadurch, dass sie sich den britischen Blues-Shouter John Lawton an Bord holten. Nun – dass es in Germany auch fähige „Rock“ Musiker gab, dürfte Anfang der 70er bekannt gewesen sein. Diese Band war um den Gitarristen Peter Hesslein, Bassist Dieter Horns, Keyboarder Peter Hecht und den Drummer Joachim Reitenbach entstanden und machte mit ihrem gleichnamigen Debüt tatsächlich Deep Purple Konkurrenz. Zunächst wurde unter dem Namen Asterix ein etwas hölzernes Album aufgenommen, dann machte das gleiche Personal als Lucifer’s Friend weiter. Und mit prägnantem Keyboard, mit einer virtuos-harten Rhythm Section, tollen Gitarren und vor Allem mit der sehr modernen Metal-Stimme von Lawton einen Namen wurden sie auch im United Kingdom bemerkt. Man möge sich „Ride in the Sky“, den Opener von Lucifer’s Friend zu Gemüte führen – insbesondere der Gesang ist Metal pur. Man vergleicht die Band manchmal mit Uriah Heep… aber die Briten waren 1970 noch weit hinter dieser Band. Peter Hecht’s dröhnende Hammond unterlegt harte Psych-Prog Kompositionen, natürlich gibt es die damals üblichen Solo-Eskapaden, und es wird eine Dosis Jazz-Fusion hinzugefügt. Aber Songs wie „Everybody’s Clown“ oder „Lucifer’s Friend“ (…ja – auch diese Band hatte – wie Black Sabbath – einen Song/Album/Bandnamen) hätten auch auf Deep Purple’s In Rock gepasst. Und ihr Produzent Herbert Hildebrandt (dieser Name…!) war nicht schlechter als seine Kollegen auf der Insel. Es ist immer etwas seltsam, sich deutsche Rrrockmusik aus den frühen 70ern anzuhören, die NICHT Can/Amon Düül II, Tangerine Dream oder dgl. experimentelles bietet. Insbesondere das (hier durch John Lawton ausgeschaltete) Problem mit dem oft unsäglichen deutschen Akzent lässt manches ansonsten gute Album entsetzlich klingen. Aber Lucifer’s Friend ist kein bisschen schwächer, als die anderen hier beschriebenen Alben. Es klingt tatsächlich moderner, als die im Blues gebadeten Eskapaden so mancher UK oder US- Bands dieser Tage. Dass sie danach kein weiteres gutes Album mehr machten, dass Lawton mit den Les Humphries Singers den Eurovision Song Contest gewann, will man gar nicht mehr wissen.

Frijid Pink
s/t

(Deram, 1970)

Cover – Victor Kahn – Cover Designer auch
von Let It Bleed von den Stones etwa

Wie ich weiter oben mit Sir Lord Baltimore gezeigt habe, ist die Entwicklung von psychedelischem Blues/Rock zum Heavy Rock auch in den USA gerade Thema. Aber die „Stars“ des Hard Rock kommen – wie die Blues Bands der Stunde – in dieser Zeit in der Regel aus dem United Kingdom. Es gibt in den USA zwar die Stooges und die MC5, aber die sind keine kommerziell erfolgreichen Acts mit echten Hits, und auch ihre Alben werden nicht wirklich gut verkauft, vielleicht weil sie in größerer Entfernung zum Blues operieren und damit noch „härter“ klingen. Eine der erfolgreicheren US-Hard Rock Bands sind – was Plattenverkäufe angeht – Frijid Pink. Die kamen wie die MC5 aus Detroit und spielten einen simplen, harten Bluesrock mit Tonnen von Fuzz und rollenden Drums und hatten mit ihrer krachenden Version von „House of the Rising Sun“ – durchaus überraschend – einen Top Ten Hit in ihrem Heimatland. Man wirft ihnen gerne vor, dass sie nicht besonders virtuos waren, aber dieser Faktor ist hier irrelevant, zuviel Technik würde hier sogar stören. Was zählt, sind Idee und Energie. Und bei Letzterem konnten Frijid Pink sogar mit den Stooges mithalten. Zwar hatten sie keinen irren Frontman, wie die Stooges ihn mit Iggy Pop hatten, aber der brutal verzerrte Gitarrensturm, der auf ihrem Debüt entfesselt wird, dürfte für Garage-Rock Fans und Ty Segall/ Thee Oh Sees Anbeter seltsam vertraut klingen. Und dass im Fahrwasser des Single Hits das komplette Album Geld brachte ist herzlich berechtigt… ich wünschte so etwas könnte heute mit derartiger Musik funktionieren. Auch hier müssen die Band-Originale nicht in der Garage versteckt werden. Die Gitarren auf „Tell Me Why“ klingen, als wollten sie die Amps zerreissen und „Want to be Your Lover“ und „Boozin‘ Blues“ sind wuchtige Blues Jams die sich entschlossen Richtung Hard Rock schieben und die beweisen, dass der gute Ruf Frijid Pink’s als Live Band berechtigt war. Aber natürlich gilt auch hier: Es ist Musik, die heute durchaus zu Recht als altmodisch gilt.

Stray
s/t

(Transatlantic, 1970)

Cover – Hamish Grimes-Der Schriftzug ist
im Original ausgestanzt

Und eine weitere britische Band, die zu Beginn der Siebziger „harten“ Rock zu spielen begann. Stray existierten schon seit ’66. Die vier Musiker hatten sich schon mit ca 14 Jahren in der Schule zusammengetan, hatten sich in vier Jahren einen guten Ruf als Live-Band erspielt – unter anderem auch, weil sie auf der Bühne mit Pyrotechnik und Lichtinstallationen arbeiteten – zu einer Zeit, als es eigentlich üblich war, einfach auf die Bühne zu kommen und loszulegen. Zunächst spielten sie – wie die meisten Bands ihrer Generation, psychedelischen Bluesrock, Acidrock – eben das, was hip war. Mit dem Plattenvertrag beim (Folk)Label Transatlantic kam dann die derzeit angesagte neue Härte in ihren Sound. Obwohl sie in den folgenden Jahren noch etliche weitere Alben veröffentlichten und sich im britischen Club Circuit einen hervorragenden Ruf erspielten und obwohl sie mit den Groundhogs auf Welt-Tournee gingen, blieb Stray ihr bestes Album. Ein Debüt, das sie nie mehr übertreffen sollten – und die Band blieb relativ obskur. Man muss bedenken, dass sie zur Zeit der Aufnahmen noch unter 20 Jahren alt waren – für dieses Alter sind die Song äußerst ausgefeilt und die Jugend der Musiker ist vielleicht auch der Grund für die Energie mit der hier aufgespielt wird. Es gibt etliche innovative Arrangement-Ideen, es gibt die damals üblichen Jam-Passagen, bei denen man den Jungs anmerkt, dass sie eine Menge Erfahrung haben, es gibt in vier Jahren angesammelte Songs wie den Opener „All in Your Mind“ (den übrigens später Iron Maiden coverten…) oder das ebenfalls überlange „In Reverse/ Some Say“ – die mit feinen Unisono-Passgen und galoppierenden Rhythmen vor Energie nur so sprühen. 1970 waren Stray noch eine sehr eigenständige Band, sie entwickelten den Hard Rock mit, sie klangen wie niemand anders – aber letztlich versiegten die Ideen mit den kommenden Alben und sie blieben zu unauffällig um lange erfolgreich zu bleiben. Stray ist immerhin eines der wirklich gelungenen Proto-Hard Rock Alben jener Tage.

Am Ende noch der Hinweis,

dass es auch 1970 natürlich noch etliche weitere Alben gibt, die man hier hinzufügen könnte – die ich aber aus reiner Willkür anderswo beschreibe. Harten Rock mit Blues- Progressive- Jazz- Psychedelic- etc… Einflüssen gibt es zu Beginn der 70er haufenweise. Ich nenne mal Bands wie: Black Widow, Twink, May Blitz, Mott the Hoople… und da lasse ich das tumbe Debüt von Uriah Heep schon aussen vor…. Und ob die Groundhogs oder Free „Heavy“ waren…? Diskutieren kann man das schon. Und die Hardrock-Geschichte geht natürlich weiter. Siehe folgende Artikel…

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