1983 – Iron Maiden bis Witchfinder General – US-Thrash und die nicht mehr ganz so neue NWOBHM

Wie so oft: Auch das Thema dieses Kapitels könnte eine andere Jahreszahl vorantragen. Die US Version des „neuen“ Metal – genannt Thrash – brach natürlich nicht exakt im Jahre 1983 los – aber ’83 ist ein gutes Jahr, um sich mit den Innovatoren des Heavy Metal nach den Siebzigern zu beschäftigen, weil in diesem Jahr nach einer Zeit im tiefsten Underground die ersten „Alben“ dieses Stils erscheinen.

Bis dahin hinkte der Metal-Markt in den USA der Entwicklung in der ganz harten Musik 1- 2 Jahre hinterher. Bands wie Exodus, Flotsam & Jetsam, Metal Church, natürlich Metallica (aus denen sich Megadeth herauswinden…) und Slayer hatten sich bis ’83 mit Tapes, Demo’s und Live-Auftritten im Untergrund etabliert, aber ’83 veröffentlichten zwei der Protagonisten des Thrash ihre Debütalben. Als erstes wirklich erwähnenswertes Album seiner Art wurde Metallica’s Debüt Kill ‚em All im Juli ’83 veröffentlicht, Slayer’s Show No Mercy erschien dann Ende 1983 – und ab diesem Zeitpunkt startete Thrash seinen Siegeszug – an dessen Schwanz dann der Death Metal hing. Und in Großbritannien gibt es jetzt schon seit dem Beginn der 80er die Musik, die sich hinter dem komplizierte Akronym NWOBHM verbirgt – das sich lustigerweise tatsächlich durchgesetzt hat und das für mich weit akademischer und langweiliger aussieht, als die Musik und vor Allem der Geist hinter dieser Revolution im Metal. Dort hatten junge Musiker auf den kreativen Niedergang solcher Bands wie Deep Purple, Led Zeppelin und Black Sabbath reagiert. Sie verbanden ihren harten Rock mit der Aggressivität des britischen Punk, arbeiteten auch erst mal mit einer ausgeprägten DIY Ästhetik, veröffentlichten zunächst streng autark auf Kleinst-Labels und bauten sich ein Following in einer Underground-Szene auf, die (übrigens bis heute) als weit uncooler galt, als die ebenso autarken und jungen New Wave und Post Punk Szenen. In den letzten drei Jahren begannen sich immer mehr junge Fans für diese Musik zu interessieren – und 1983 hatten sich einige Bands aus den Anfangstagen der Szene etabliert. Synonym dafür können Iron Maiden stehen, die 1983 schon ihr viertes Album vorlegten – oder Motörhead, die sich selber allerdings von Anfang an keiner Szene zuordneten, die aber eben vor allem das oben erwähnte Publikum ansprachen. Letztlich haben beide Seiten da etwas losgetreten, was bis weit ins kommende Jahrtausend wirken würde. Sowohl in USA als auch in Großbritannien (und dem restlichen Europa) wurde Metal wieder spannend…

Iron Maiden
Piece Of Mind

(EMI, 1983)

Illustration – Derek Riggs – wie immer bei
Iron Maiden

Das vorherige 3. Album von Iron Maiden (Number of the Beast) – das erste mit dem Sänger Bruce Dickinson – gilt als Klassiker der NWOBHM (…und die beiden ersten Alben mit Sänger Paul DiAnno eigentlich auch…). Da erwartete man für Album No. 4 schon einen kleinen Qualitätsabfall – nach extensivem Touren, nachdem kaum Zeit zum Songwriting blieb, zumal nach der Trennung von Drummer Clive Burr und dem Zugang von Nicko McBrain… Aber Nix da – ihr viertes Album nahmen Iron Maiden jetzt auf den Bahamas auf – sie hatten es also „geschafft“ – und sogar das Luxus-Ressort ließ Piece of Mind um keinen Deut schwächer werden als die Vorgänger. Noch immer haben die Songs eine unnachahmliche shake-your-fist-at-the-heavens – Attitüde, noch immer klingt Dickinson wahlweise nach Alarm-Sirene oder Opernheld mit dicken Eiern, wieder wechseln sich Steve Murray und Adrian Smith mit feinen melodischen Gitarrensoli ab – und wieder gibt es Metal-Epen für die Ewigkeit. Iron Maiden haben sich ganz logisch weiterentwickelt, manche Songs haben die beliebten progressive-Rock Anklänge,werden aber dann doch immer durch den rasanten Bass vom Bandkopf Steve Harris geerdet. „“Flight of Icarus“ und vor Allem „The Trooper“ sind enorm dynamische, intelligente und abwechslungsreiche Metal-Klassiker – und somit archetypische Iron Maiden Tracks. Es gab etliche Bands, die sich an diesen Vorbildern abarbeiteten, aber die mühelose Klasse der ersten sieben (!) Iron Maiden Alben erreichte kaum eine Band dieser Musikgattung und dieser Generation.

Satan
Court in the Act

(Roadrunner, 1983)

Cover – Colwell Design and Art

Schade. Satan kamen mit ihrem ersten Album einfach 2-3 Jahre zu spät. Vielleicht war ihr Metal (damals) auch zu konsequent und extrem, um einen vergleichbaren Erfolg wie Iron Maiden zu erzielen, aber Satan’s Debüt Court in the Act bietet (New Wave of British) Heavy Metal auf jeden Fall in seiner beeindruckendsten Form. Die Band hatte schon ’79 live mit einem Mix aus Punk-Klassikern von den Ramones und den Dead Kennedy’s und Metal Klassikern von UFO, Black Sabbath und Motörhead klare Duftzeichen gesetzt, aber in den folgenden Jahren rotierte das Besetzungskarussell zu schnell, um in Ruhe eine Karriere aufzubauen. 1983 waren nur die beiden Gitarristen Russ Tippins und Steve Ramsey aus den Anfangstagen übrig geblieben. Aber die beiden hatten zuvor immerhin (mit anderen Mitgliedern) ein Demo veröffentlicht, welches das Metal-Label Roadrunner bewog, ein Album zu releasen. Satan klingen mehr nach Black Sabbath und zugleich mehr nach amerikanischem Thrash als Iron Maiden, sie haben zwar deren Fähigkeit „Hymnen“ zu schreiben, aber ihre Gitarrensoli sind chaotischer als die von Iron Maiden, Bass und Drums galoppieren so rasant wie bei Iron Maiden, aber die Atmosphäre ist düsterer, das Tempo schneller, der Sänger klingt „tougher“ als sein Kollege – Satan sind die harte Alternative zu Maiden. „Blades of Steel“ und „Broken Treaties“ haben die gleiche Klasse wie „Flight of Icarus“ und „The Trooper“ – aber das Album blieb aus irgendeinem Grund im Untergrund stecken. Vielleicht war die etwas weniger polierte, etwas dumpfere Produktion schuld, vielleicht war der Bandname schlecht gewählt – im folgenden Jahr benannten sie sich sogar kurzzeitig um, um nicht der falschen Szene zugeordnet zu werden – heute ist das egal, dieses und das dreißig (!!) Jahre später in der gleichen Besetzung aufgenommene Life Sentence sind perfekter, klassischer Metal, der der Vergessenheit entrissen gehört. Ganz einfach.

Metallica
Kill ‚em All

(Music For Nations, 1983)

Design – Harold und Shari Risch

Das erste erwirklich erwähnenswerte komplette ’83er Album ausserhalb der New Wave of British Heavy Metal ist dann auch ein echtes Schwergewicht. Das erste Album von Metallica – einer damals noch ganz jungen Band aus LA – mag noch nicht die Erschütterungen erzeugt haben, die ’84 durch den Zweitling Ride the Lightning ausgelöst wurden, aber im Nachhinein kann man trefflich behaupten, man hätte den revolutionären Anstoß, den die Band dem Metal gab, hier schon erkennen können…. Anfang der Achtziger waren in der Bay Area rund um San Francisco einige Bands unterwegs, die Metal mit Einflüssen aus Hardcore versetzten, die das Tempo noch mehr anzogen als ihre Kollegen in England, die den Blues als Einfluss auf ihre Musik komplett außen vor ließen – und die mit all dem im „Metal“ Genre wirklich innovativ waren. Und Metallica waren diejenigen, bei denen einge der größten Talente dieser Szene aufeinander trafen. Zunächst bestanden die ’81 gegründete Band aus James Hetfield (Voc, g), Lars Ulrich (dr), Ron McGovney (b) und Dave Mustaine (g). Letzterer verließ die Band, weil es ständig Reibereien um seinen Drogen- und Alkoholkonsum und seine Aggressivität gab und gründete die andere Thrash – Institution Megadeth. Als Ersatz wurde Kirk Hammett von der ebenfalls exzellenten Konkurrenz-Band Exodus abgeworben. Bassist McGoveny wurde von Cliff Burton von der Band Trauma ersetzt – womit ganz nebenbei die Mär von der Band entstand, die Anderen die Talente klaut. Das Debütalbum von Metallica gilt als eines der ersten seiner Art – Thrash, schnell gespielter Metal mit Hardcore Einflüssen, zwar beeinflusst von Iron Maiden, Motörhead, Diamond Head, aber härter und schneller als die Vorbilder aus UK. Und der Punkt ist: Schon hier erkannte man, dass diese Band brannte, dass hier eine Menge Talent – sowohl instrumental als auch kompositorisch – zusammentraf. Noch hörte man heraus, dass James Hetfield sich selber als Sänger eigentlich nur als Verlegenheitslösung sah, seine Vocals sind kaum mit denen zu vergleichen, an die man sich ab dem zweiten Album gewöhnen würde – aber sein eher herausgebellter Gesang passte weit besser zu den rasanten Songs, als die Theatralik eines Bruce Dickinson. Die rohe Produktion steht den Songs ebenfalls besser als jede Politur und die Songs selber mögen direkter sein als auf den kommenden Alben, aber „Hit the Lights“, „Motörbreath“ und „Whiplash“ sind – insbesondere wenn man den Bandnamen ausser acht lässt – ganz einfach fantastischer, früher Thrash-Metal mit durchgetretenem Gaspedal. Und „Phantom Lord“ und „Seek & Destroy“ zeigen schon, dass die Band auch komplexe Strukturen konnte. Bei „(Anesthesia) Pulling Teeth“ zeigt Cliff Burton, dass man als Bassist mit dem Verzerrer Unglaubliches machen kann – solche Soli spielte er seinerzeit bei den Konzerten… Bei den Song-Credits war hier und da noch Dave Mustaine erwähnt, aber der hatte die Band beim Release von Kill ‚em All – wie gesagt – schon verlassen. Und Kirk Hammett, der hier keine Songwriting-Credits hat, ersetzte ihn mit abgefahrenen Gitarrensoli. Dies ist ein tolles Debüt – nicht Mehr, nicht Weniger…

Slayer
Show No Mercy

(Metal Blade, 1983)

Cover – Lawrence r. Reed – man beachte die kultig schlechte Grafik

… und wer Metallica sagt, sollte dann wohl auch Slayer sagen. Show No Mercy ist bei weitem nicht so extrem, bei weitem nicht so ausgefeilt und stilsicher wie die nachfolgenden Alben der Thrash-Institution. Die Band war noch jung, unerfahren, noch stark beeinflusst von ihren Vorbildern – insbesondere von Iron Maiden und Judas Priest. Und sie hatten auch offensichtlich das Mitte ’83 veröffentlichte Kill ‚em All von den Kollegen gehört, und sich da einiges abgeschaut. Noch sind die Twin-Gitarren-Soli melodisch und nicht chaotisch und überlichtschnell (was auch seinen Reiz hat), noch sind viele Instrumentalparts gebremster als auf den kommenden Alben. Das satanistische Konzept der Texte und des Cover-Designs hatte die Band sich ausgedacht, um aufzufallen – und um den Vorbildern Venom nachzueifern. Das Album wurde an einem einzigen Tag unter finanzieller Hilfe der Familie des Gitarristen vom gerade mal 22-jährigen Produzenten und Metal Blade Labeleigner Brian Slagel aufgenommen – und der hatte von Produktion noch nicht wirklich viel Ahnung. Der Musikjournalist hatte sein Label erst vor kurzem gegründet und keine großen finanziellen Mittel… ein Umstand, der vielen gelungenen Songs den Punch nimmt. Aber es ist – wie bei Metallica – erkennbar, dass hier eine Band am Werk ist, die mal ganz groß werden kann. Songs wie „Evil Has No Boundaries“ und „The Antichrist“ sind so klischeehaft wie energiegeladen, man kann die späteren, finsteren Slayer erkennen, aber noch sind sie rührend naiv und unbekümmert – trotz der satanistischen Lyrics. Sänger Tom Araya wies bei späteren Interviews zurecht auf ihre Jugend hin, aber das Personal all der großen Bay Area Thrasher ist zu dieser Zeit im Durchschnitt 20 Jahre alt. Und dass Jugend der Qualität von Musik nicht schadet, wissen wir seit den Anfängen des Rock’n’Roll. Show No Mercy ist ebenfalls ein tolles Debüt – auch nicht Mehr, nicht Weniger…

Dio
Holy Diver

(Warner Bros., 1983)

Cover – Randy Berrett. Das Monster da heisst „Murray“. Taucht auch auf anderen Dio-Alben auf.

Der Amerikaner Ronnie James Dio war – im Vergleich zu den Thrash- und NWOBHM-Musikern der Stunde – 1983 schon ein Veteran mit 41 Jahren und einer langen Karriere bei Hochkarätern wie Richie Blackmore’s Rainbow oder als Ersatz für Ozzy Osbourne bei Black Sabbath – und jetzt kam er mit eigener Band daher und setzte sich mit in den Zug der jungen Generation von Metal Bands. Das Personal dazu bestand aus einer gelungenen Mischung von Alt und Jung – Drummer Vinny Appice und Bassist Jimmy Bain gehörten eher zu Dio’s Generation, Gitarrist Vivian Campbell war 20 Jahre jünger als Dio, und vor Allem durch sein dynamisches, modernes Spiel erhielt die Musik von Dio die notwendige Frische. Natürlich ist durch Ronnie James Dio’s Stimme immer die Erinnerung an Rainbow da, aber wenn Holy Diver nach Rainbow klingt, dann nach einer runderneuerten und extrem dynamischen Version. Und Songs wie der Titeltrack oder „Rainbow in the Dark“ haben die Theatralik, die man auch bei Iron Maiden findet – und die restlichen Tracks stehen den beiden zentralen Songs an Klasse in Nichts nach. Und Holy Diver ist auch deshalb das beste Album der Band Dio, weil es enorm abwechslungsreich ist. Die Frage ob das „moderner“ Metal ist, oder „klassischer“ Heavy Metal, stellt sich nicht. Holy Diver ist ein gelungenes Abbild des Metal seiner Zeit – und ein schön wuchtiges dazu…

Motörhead
Another Perfect Day

(Bronze, 1983)

Cover-Illustration – Joe Petagno

..Apropos Veteranen: Motörhead und damit insbesondere Lemmy Kilmister sind 1983 ebenfalls etablierte Veteranen des Metal (bzw. Rock’n’Roll, wie Lemmy nie müde wurde zu betonen). Sie hatten die Jahre ihres großen Ruhmes genau genommen schon hinter sich. und mit dem rowdy Vorgänger Iron Fist und der Zusammenarbeit mit Girlschool das Niveau gesenkt. Lemmy hatte den Gitarristen Fast Eddie Clark vor die Tür gesetzt – und Drummer Phil „Animal“ Taylor hatte mit Brian Robertson seinen Kumpel von Thin Lizzy zu Motörhead gelotst – woraus sich eine kurzfristige Kollision von Einflüssen ergab, die so fantastisch wie unwahrscheinlich war. Da ist Lemmy’s elefantischer Bass-Ton, da sind seine unnachahmlich proletarischen Vocals, mit inbrünstiger Primitivität herausgerülpst und da ist sein Chuck-Berry-On-Speed Songwriting… Und dagegen setzte Feingeist Robertson sein melodisches, ausgefeiltes Riffing und ungemein bluesig/harmonische Gitarensoli. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie Lemmy den Virtuosen im Studio zum agressiven Riffing getrieben haben muss – und man kann verstehen, dass es bei dieser einmaligen Kooperation für dieses für Motörhead sehr ungewöhnliche Album blieb. Another Perfect Day sticht im Katalog der Band heraus, Robertson’s Gitarre gibt Lemmy’s Songs mitunter etwas irrlichternd psychedelisches, hängt den wuchtigen Songs einen Blumenkranz um – und das mögen Fundamentalisten beklagen, aber man muss auch sagen: Lemmy hatte ein paar Perlen geschrieben, die den Klassikern von Bomber und Overkill in Nichts nachstanden. Textlich ist „One Track Mind“ brilliant, Eine Art Sequel zu „(We Are the) Road Crew“, Lemmy krächzt irgendwas von einarmigen Banditen und Frauen mit zwei Gesichtern, „Tales of Glory“ kracht mit fulminantem Riff los, gegen das Robertson blendend melodische Gitarrensoli setzt, die klingelnden Gitarren im Intro zu „Dancing on Your Grave“ sind so „schön“ wie ungewohnt für Motörhead und der Jam zwischen Lemmy und Robertson am Ende von „Rock It“ ist außerweltlich. Wie gesagt: Schade, aber auch logisch, dass beide Musiker nicht zusammen weitermachen konnten, aber mit Another Perfect Day gibt es das eine Motörhead Album, das die Zeit überstanden hat, ohne „typisch Motörhead“ zu sein – das ist MEINE Meinung….

Mercyful Fate
Melissa

(Roadrunner, 1983)

Cover – Thomas Holm. Schwedischer Grafiker,
der etliche Cover für King Diamnond und
Mercyful Fate gemalt hat.

Auch auf dem Kontinent kam Metal aus den Startlöchern. Aus Dänemark z.B. kommt 1983 Metal, der auf sehr eigenständige Art in die Zukunft weist. Hier hatte der Sänger Kim Bendix Petersen aka King Diamond mit seiner Band Mercyful Fate ein egenwilliges Konzept entwickelt, mit dem er seine Vision von Metal realisierte. Melissa ist aufgebaut um den extremen, hier und da gar ins Falsett umschlagenden Gesang Petersen’s, dazu werden satanistische Lyrics herausgeschrien und die Band spielt eine Mischung aus progressivem Rock und epischem, blitzschnellem Metal. Und King Diamond trat auch noch als einer der ersten überhaupt mit dem sog. Corpse Paint auf – hier sollte niemand den Namen Kiss einfügen. Deren Kriegsbemalung war weit karnevalistischer als die vom King Diamond . Die optische Besonderheit bei Mercyful Fate erwähne ich zuletzt, weil sie für eine Musik unwichtig ist, die jede Aufmerksamkeit verdient hat. Seinerzeit klang kaum eine Band so wie Merycyful Fate, weil keine Band dieses musikalische Konzept so ausgefeilt hinbekam, weil es wenige Bands gab, die kompositorisch so gelungen den Spagat zwischen Diabolik, Kraft und Eleganz hinbekam. Man könnte als Vergleich höchstens Judas Priest‘ Klassiker Sad Wings of Destiny von 1976 heranziehen, aber dem fehlt im Vergleich das hier angeschlagene Tempo und die boshafte Thematik. Songs wie „Satan’s Fall“ oder „At the Sound of the Demon Bell“ wurden mit Freuden von den symphonischer agierenden Black Metal Bands der Neunziger gehört und als Inspiration genutzt. Mercyful Fate und King Diamond als Solo-Künstler wird immer wieder gerne als Vorreiter des Black Metal genannt – und konzeptuell stimmt das. Mercyful Fate selber traten im folgenden Jahr mit dem noch besseren Album Don’t Break the Oath auf den Plan, beide Alben sind perfekter, zeitloser Metal.

Witchfinder General
Friends of Hell

(Heavy Metal, 1983)

Cover-Foto – ?

Doom, der verlangsamte Form des Heavy Metal, dessen einzige und einzigartige Vorbilder Black Sabbath sind, ist 1983 längst ein alter Hut. Es gibt in den USA Saint Vitus und Trouble als Nachfolger (die aber noch kein Album veröffentlicht haben) – aber da gibt es in Stourbridge/ England die Band Witchfinder General, die schon ein Jahr zuvor mit Death Penalty eine Art New Wave of Black Sabbath Metal eingeläutet hat. Friends of Hell war also der schnell hinterher geschossene Nachfolger. Man sollte nicht den Fehler begehen, die Band als Sabbath-Klon abzutun – sie ließen den Punk-Einfluss ihrer Generation durchaus in ihre Musik einfliessen, ihr Doom war krachender, weniger depressiv, die Riffs mögen in Moll getränkt sein, aber da ist eine Dynamik in ihren Songs, die man bei Black Sabbath‘ Meisterwerken Master of Reality und Vol 4 finden konnte – ohne deren Hang zur bekifften Psychedelik. Witchfinder General traten tatsächlich das Erbe dieser Musik an – und erneuerten sie. Tracks wie das nekromantische „Love on Smack“, das hoffnungslose „Requiem for Youth“ und „Last Chance“ treffen tief und hart, erzeugen Bilder der Konfusion und Verzweiflung ihrer Generation. Jede LP-Seite endet mit einer 6+ minütigen „Suite“, Seite 1 mit dem satanistischen Sakrament „Friends of Hell“, Seite 2 mit dem Opfergesang „Quietus Reprise“, Sänger Zeeb Parkes hat den erforderlichen klagenden Ton in der Stimme, die Gitarren von Phil Cope weint herzzerreißend und die Rhythmen sind schwer. Es ist das zweite enstzunehmende komplette Album in einem Genre, das sich auf EINE einzige Band beruft und trotzdem über die kommenden Jahre in Form von Bands wie den oben erwähnten Saint Vitus, Obessed, Trouble, Pentagram oder Candlemass etliche dunkel strahlende Facetten bekommen wird.

Ach, und übrigens:

Ich ignoriere ein paar Alben, die einige Fans der Musikgattung „Metal“ womöglich als unersetzlich betrachten. Def Leppards Pyromania – Def Leppard sind meiner Meinung nach einfach furchtbar – Manilla Road’s Crystal Logic – ich finde das Album langweilig und vor Allem den Gesang peinlich, Accept’s Balls to the Wall – mir zu mittelmäßig und Mötley Crüe’s Shout at the Devil – na ja, es gibt bald besseren Glam-Metal… das ist meine Meinung…